Aktuelle EuGH Entscheidung zum Thema „Indirekte Identifizierung sensibler Daten“

Datenschutzrechtlich unterscheiden wir zwischen „normalen“ personenbezogenen Daten und besonders schutzbedürftigen Daten, wie z.B. Gesundheitsdaten oder Daten zur sexuellen Orientierung. Für diese spezielle Kategorie personenbezogener Daten sieht die DSGVO schon länger ein generelles Verarbeitungsverbot vor.
 
Am 01. August 2022 hat der Europäische Gerichtshof nun ein wichtiges Urteil zu diesem Thema gesprochen und dabei klargestellt, dass der Anwendungsbereich der „besonderen Kategorien personenbezogener Daten“ sehr weit zu fassen ist.
 
Der EuGH urteilt in dieser Rechtssache C-184/20 wie folgt:
Für sich genommen stellen die betreffenden Daten erst einmal keine sensiblen Daten i.S. des Art. 9 Abs. 1 DSGVO dar. Jedoch besteht die Möglichkeit, dass aus namensbezogenen Daten über den Ehegatten, Lebensgefährten oder Partner durch Ableitung und gedankliche Kombination auch Daten über die sexuelle Orientierung der betroffenen Personen hergeleitet werden können. Damit fallen auch diese Grunddaten in den Anwendungsbereich des Art. 9 DSGVO.
 
Final spricht der EuGH sich für eine weite Auslegung der sensiblen Daten unter Bezugnahme auf den Schutzgedanken der Regelung des Art. 9 DSGVO aus. Namensbezogene Daten zum Ehegatten, Lebensgefährten oder Partner werden als sensible Daten i.S. des Art. 9 Abs. 1 DSGVO eingestuft, da diese als geeignet angesehen werden, „die sexuelle Orientierung einer natürlichen Person indirekt zu offenbaren“.
 
Damit erweitert die Entscheidung des EuGH den Anwendungsbereich von Art. 9 DSGVO im konkreten Fall auch auf „indirekt sensible Daten“: d.h. nicht nur sensible Daten selbst unterliegen Art. 9 DSGVO, sondern auch solche Daten, die mittelbar den Rückschluss auf sensible Informationen zulassen.
 
Fazit:
Auch für Daten, die nur mittelbar einen Rückschluss auf besondere Datenkategorien zulassen, gelten die Regelungen des Art. 9 DSGVO. Verantwortliche im Unternehmen haben diesen Grundsatz im Rahmen von Datenverarbeitungsprozessen im Unternehmen hinreichend zu berücksichtigen.