Die unerlaubte Weitergabe dynamischer IP-Adressen an Google stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes dar!

Das LG München I (Urteil v. 20.1.2022, Az. 3 O 17493/20) spricht einem Nutzer einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 100 € zu, weil seine dynamische IP-Adresse an Google (konkret: Google Fonts) in die USA übertragen wurde: rewis.io/urteile/urteil/lhm-20-01-2022-3-o-1749320/
 
Dynamische IP-Adressen stellen für den Betreiber einer Webseite ein personenbezogenes Datum dar, denn er verfügt abstrakt über die rechtlichen Mittel, die vernünftigerweise eingesetzt werden könnten, um mithilfe Dritter, und zwar der zuständigen Behörde und des Internetzugangsanbieters, die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adressen bestimmen zu lassen (im Anschluss an BGH VI ZR 135/13).
 
Der Einsatz von Schriftartendiensten wie Google Fonts kann nicht auf Art. 6 Abs. 1 S.1 lit. f DSGVO gestützt werden, da der Einsatz der Schriftarten auch möglich ist, ohne dass eine Verbindung von Besuchern zu Google Servern hergestellt werden muss.
 
Es besteht keine Pflicht des Besuchers, seine IP-Adresse zu „verschlüsseln“ (etwa durch Nutzung eines VPN).
 
Die Weitergabe der IP-Adresse des Nutzers in der o.g. Art und der damit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Hinblick auf den Kontrollverlust über ein personenbezogenes Datum an Google, ein Unternehmen, das bekanntermaßen Daten über seine Nutzer sammelt und das damit vom Nutzer empfundene individuelle Unwohlsein so erheblich, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.
 
Die unerlaubte Weitergabe der dynamischen IP-Adresse des Klägers durch die Beklagte an Google stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB dar. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet das Recht des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Bei der von der Beklagten an Google weitergegebenen dynamischen IP-Adresse handelt es sich um ein personenbezogenes Datum im Sinne von § 12 Abs. 1 und 2 TMG (in der zum Übermittlungszeitraum geltenden Fassung, im weiteren alte Fassung), § 3 Abs. 1 BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO.
 
Unsere Empfehlung:
Sollte das Thema in Ihrem Unternehmen eine Rolle spielen, so empfehlen wir als Sofortlösung, dass Google Fonts lokal gehostet werden. Damit werden keine Daten übertragen (darauf weist letztlich auch das Urteil de LG München hin).
 
Darüber hinaus hat das Urteil natürlich Signalwirkung im Zusammenhang mit „Schrems II“. Ob jetzt eine neue Klagewelle folgt, lässt sich zum jeztigen Zeitpunkt schwer einschätzen.