3 Fragen zu den Auswirkungen der ePrivacy-Verordnung an Prof. Dr. Christoph Bauer

Die Werbeindustrie hat die von der europäischen Kommission vorgeschlagene ePrivacy-Verordnung zur Verbesserung des Online-Datenschutzes sehr schlecht aufgenommen. Was denken Sie über die Gesetzesvorschläge?

Christoph Bauer: Der vorgeschlagene Text für die ePrivacy-Verordnung ist eine Spezifizierung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die aber in eine andere Richtung geht, als man bisher von der DSGVO angenommen hatte. Bisher folgte die Gesetzgebung dem Ziel, die bestehenden Geschäftsmodelle der Industrie auch weiter zu ermöglichen. Dies hat sich nun deutlich geändert, nachdem für Third Party Cookies und andere Tracking-Technologien ein Opt-in vom Nutzer gefordert wird, was bisher nicht der Fall war. Darüber hinaus soll für diese Neuerung keine zweijährige Umsetzungsfrist vereinbart werden, sondern die ePrivacy-Verordnung soll praktisch zusammen mit der DSGVO im Mai 2018 wirksam werden. Da sie bisher nur ein Entwurf ist, wird die Umsetzungsfrist voraussichtlich sehr kurz. Insgesamt ist das ein ungewöhnliches Vorgehen der Kommission, was großes Erstaunen in der betroffenen Industrie hervorgerufen hat. Einige, wie der BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr, befürchten, dass es das Internet, wie wir es heute kennen, damit nicht mehr geben wird.
 

Die die Cookies betreffende Maßnahme gehört zu einer längeren Liste von Gesetzesvorschlägen, die den Datenschutz bei elektronischer Kommunikation erhöhen sollen. Sie wurde von der Europäischen Kommission als Möglichkeit präsentiert, die Einstellungen über die Akzeptanz oder Ablehnung von solchen Cookies zu vereinfachen, die dazu dienen, auf Daten zuzugreifen, die auf dem Computer des Nutzers gespeichert sind, oder um das Nutzungsverhalten im Internet zu verfolgen. Welche Konsequenzen könnte dieser Text haben, wenn er ohne Veränderungen angenommen wird?

CB: Aus Sicht der Nutzer würde die große Zahl der Trackingwege reduziert, da künftig ein Opt-in erforderlich wäre. Bisher war dieses Tracking aber ohne Opt-in in den meisten Ländern möglich. Insofern wären die Geschäftsmodelle von den sehr vielen Third-Party-Tracking-Anbietern gefährdet. Ferner wären von dieser Regelung Unternehmen nicht betroffen, die i.d.R. bereits ein Opt-in der Nutzer haben (z.B. Google, Facebook), sodass deren Geschäftsmodell nicht berührt würde und sie wohl die Geschäfte der anderen übernehmen würden. Denn die großen Plattformen wie Facebook und Google nutzen zwar häufig First Party Cookies, haben aber in der Regel eben auch ein Opt-in für die Nutzung von Third Party Cookies, das in den sehr umfangreichen und detaillierten Nutzungsbedingungen dieser Services enthalten ist, denen die Konsumenten häufig zustimmen, ohne sie detailliert zu lesen.

Wenn die Regelung so in Kraft tritt, sind große Verschiebungen im Geschäft mit digitaler Werbung und Werbetechnologien zu erwarten. Denn letztlich begünstigt diese Reglung nur die Großen der Branche, wie Facebook und Google, die über ein Opt-in verfügen. Die Regelung hätte jedoch eine verheerende Wirkung für alle anderen Teilnehmer der Onlinemarketing-Branche. Das kann nicht im Interesse der Kommission sein. 

Die europäische Kommission findet, dass „die Vertraulichkeit des Verhaltens im Internet und der Endgeräte der Nutzer garantiert werden muss“ und dass die Kontrolle dem Nutzer übergeben werden muss. Wie kann man Ihrer Meinung nach dieses als fundamental bewertete Prinzip und den Bedarf, im Internet verbreitete Inhalte über Werbung zu finanzieren, in Einklang bringen? Mit anderen Worten, welche „Anpassungen“ könnte man diesen Gesetzestexten vorschlagen?

CB: Man könnte vorschlagen, anonymes Tracking zu erlauben, denn für anonyme Daten gilt ja auch die DSGVO nicht. Wenn man also einen Nutzer trackt, ohne seine personenbezogenen Daten wie Name, Adresse, Email-Adresse, IP-Adresse etc. zu kennen, dann könnte das Tracking auch mit Cookies und anderen Trackern erlaubt werden. Bei anonymen Daten kann nämlich derjenige, der die Daten bekommt, nicht die Person herausfinden, die hinter den Daten steht.

Im Übrigen gibt es auch Tracking-Methoden, die keine Spuren auf den Geräten der Nutzer hinterlassen (wie es die Cookies als Textdatei im Browser tun), durch die aber dennoch ein Gerät getrackt wird. Insofern kann es passieren, dass man jetzt zwar Third Party Cookies verbietet, aber andere Technologien umgesetzt werden, durch die man praktische die gleichen Effekte erzielt, wobei die Technologien ggf. nicht verboten sind. Damit hätte dann der Gesetzgeber sein Ziel verfehlt.